Geschichte der Stadt Freistadt

Aus dem goldenen Buch der Stadt Freistadt

Die Geschichte der Stadt Freistadt ist noch nicht geschrieben. Es wäre dies wohl die Lebensaufgabe für einen Historiker. Dieser Beitrag für das "Goldene Buch" kann daher nicht anderes sein als der Versuch, in möglichst knapper Form möglichst viel über das Schicksal der Stadt auszusagen.

Freistadt war und ist eine Grenzstadt. Dies hat seine Geschichte entscheidend bestimmt. Daher soll dieser Gesichtspunkt – es wären auch anderen denkbar – bei der Darstellung und bei der Einteilung der Schichte unserer Stadt den Vorgang haben. Aus dieser Überlegung lässt sich die Geschichte der Stadt in folgende Abschnitte gliedern:

I. Von der Gründung bis 1277

II. Von 1277 bis 1627: Aufstieg und Blütezeit der Stadt an der böhmischen Grenze

III. Von 1627 bis 1918: Böhmen wird 1627 Erbland der Habsburger, Freistadt verliert an Bedeutung

IV. Freistadt ist wieder Grenzstadt, diesmal an der Grenze der Tschechoslowakei; 1948 geht der "Eiserne Vorhang" nieder

 

I. Von der GRÜNDUNG bis 1277

Bis ins hohe Mittelalter erstreckte sich da, wo heute zwischen Donau und dem Böhmerwald das Mühlviertel als nördlicher Teil des Bundeslandes Oberösterreich liegt, ein riesiger Wald, dem man sehr kennzeichnend den Namen NORDWALD gegeben hat. Er bedeckte das gewaltige Granitplateau, das sich aus dem Donautal erhebt und zu Hügeln und Bergen türmt, deren Höhe nach Norden ständig zunimmt und schließlich mit Bergen von über 1000m Höhe (Dreisesselberg, Hochficht, Sternstein, Viehberg) den Charakter eines Mittelgebirges erhält. Will man auf dem Weg von der Donau nach Böhmen diesen letzten und höchsten Höhenzug überqueren, bietet sich dazu als günstigste Stelle der Sattel von Kerschbaum an mit einer Höhe von nur 704m. Dieser Sattel ist zugleich europäische Wasserscheide zwischen Nordsee (Moldau - Elbe) und dem Schwarzen Meer (Donau).

Durch diesen erwähnten Nordwald und über den Kerschbaumer Sattel hinein in die fruchtbare böhmische Senke führte schon in vorgeschichtlicher Zeit ein Handelsweg in Form eines Saumpfades, der dort wo die Enns in die Donau mündet, begann und entlang der Feldaist (Feld = waldfreies Gebiet) über den Raum Freistadt nach Norden führte. Vielleicht unterstreicht die Bedeutung dieses Handelsweges, dass die Römer, die nicht nur tüchtige Krieger, sondern auch tüchtige und erfolgreiche Händler gewesen sind, ihr stärkstes Lager an der Donau, Lauriacum, gerade an der Mündung der Enns in die Donau und damit am Beginn des Handelsweges durch den Nordwald angelegt haben. Wie so viele Wege in all den Jahrhunderten nach der Römerzeit erhalten und entwickelte sich schließlich im Mittelalter zur Eisen- und Salzstraße Enns – Mauthausen – Pregarten – Freistadt – Böhmen. Im heutigen Stadtbereich von Freistadt dürfte dieser Handelweg identisch sein mit der Strecke Johanniskirche – Linzertor – Eisengasse – Salzgasse. Er führte unmittelbar an einer Burg (dem heutigen Salzhof), die sicher älter ist als die Stadt, und an einer uralten Schmiede, die ebenfalls heute noch am Ende der Salzgasse steht, vorbei und aus dem Stadtbereich hinaus in gerader Linie über die Höhe von Vierzehn, einen Straßenverlauf, den man heute noch in den alten Grundmappen nachlesen kann.

An diesem Handelsweg im Feldaisttal, auf einem Platz, der an seiner Süd- und Ostseite durch steilen Felsabfall geschützt wird, liegt Freistadt. Neben dem Weg in der Nähe und damit im Schutze der Burg, werden natürlich auch Häuser gestanden sein. Aber diese Häuser waren noch nicht Freistadt.

 

Wie ist dann Freistadt entstanden?

Über die Entstehung der Stadt gibt es verschiedene Theorien, eine genaue Kenntnis aber haben wir nicht, weil die Urkunden entweder verloren gegangen sind oder zu wenig aussagen. Ignaz Nößlböck hat mit der Meinung, dass Freistadt um 1130 von Otto von Marchland gegründet worden sei, seit 1924 mehr oder weniger die Forschung beherrscht, doch neigen Historiker heute eher zu der Auffassung, dass 1130 um ein Jahrhundert zu früh sein und dass Freistadt erst von Leopold VI. dem Glorreichen, der von 1198-1230 Herzog von Österreich war, gegründet worden sein. Dieser Leopold VI. suchte aus verschiedenen Gründen dem Einfluss der Bischöfe von Passau Einhalt zu gebieten und nützte dazu jede Gelegenheit zum Gebieterwerb im Westen des Herzogtums und im Mühlviertel. 1210 erwarb er Linz, 1213 jene Ländereien, auf denen heute Freistadt steht, 1218 den Besitz der Grafen von Machland, bald darauf Lasberg, 1220/21 die Herrschaft Waxenberg.

Vermutlich war es auch Leopold VI., der die Siedlung rund um die Burg, deren Namen wir nicht kennen, und entlang des Handelsweges entstanden war, zu einer Stadtsiedlung umformte, indem er sie nach Osten erweiterte, an günstiger Stelle einen großen Marktplatz anlegen ließ und diesen durch verschiedene Straßen mit dem alten Handelsweg verband. Diesen Vorgang bezeichnen wir als Gründung der Stadt.

Als Beweise für den Gründungscharakter der Stadt ließen sich anführen:

  • der Grundriss der Stadt mit den zueinander parallel geführten Straßen, die aber auch Längsachse und zur Querachse des Hauptplatzes parallel geführt werden

  • die verhältnismäßig breiten Straßen

  • der große, rechteckig angelegte Marktplatz = Hauptplatz

  • die Kirche auf der höchsten Erhebung und der Kirchturm genau im Schnittpunkt der beiden Hauptstraßen, die auf den Marktplatz führen, damit aber auch genau als Endpunkt der beiden Straße in Blickrichtung.

Leopold und sein Nachfolger Friedrich II. der Streitbare (1230 bis 1246) statteten diese Siedlung mit Privilegien aus, um die Existenz der jungen Stadt zu sichern. Wir kennen nicht den Inhalt dieser Privilegien, aber wir wissen, dass sie gegeben wurden, weil Rudolf von Habsburg als deutscher König (1213 bis 1291) im Jahre 1277 diese Privilegien ausdrücklich bestätigte. Freistadt tritt also mehr oder weniger fertig in die Geschichte ein als eine gegründete Stadt im 1. Drittel des 13. Jahrhunderts.

Wie bei den meisten Ortsnamen hängt die Namensgebung mit der Entstehung oder Gründung dieser Siedlung zusammen. In der jungen Stadt wurden besitzlose freie Leute angesiedelt. Solche gab es damals aus der Zeit der Urbarmachung des Mühlviertels genügend im Land. Jeder von ihnen erhielt eine Teil des Stadtgrundes für den Hausbau und einen Teil des umliegenden Landes, des sogenannten Burglandes oder Burgfeldes, als "freies Aigen" und "freies Burgrecht". Bis ins 19. Jahrhundert bezeugen Urkunden diesen Sprachgebrauch. 1241 taucht in einem Lehensbekenntnis Friedrich II. zum ersten Male der Name Frienstat auf, am 7. Juli 1276 stellt König Premysl Ottokar II. eine Urkunde "apud liberam civitatem" für das Kloster Baumgartenberg aus, am 26. Juli 1277 verleiht König Rudolf von Habsburg der Vreinstat das Niederlags- und Stapelrecht. Damit ist aber auch jenes Ereignis gesetzt, das für die weitere Geschichte der Stadt bestimmend wurde.

II. Die Zeit von 1277 – 1627

1. Die Privilegien als Grundlage der Wirtschaft

Die junge Stadt wurde bald eine blühende und eine reiche Stadt. Diesen Reichtum verdankt sie Rudolf von Habsburg, der während seines Streites mit König Ottokar II. von Böhmen der Stadt das Niederlags- und Stapelrecht für alle Waren verlieh, die aus Böhmen kamen oder nach Böhmen gingen. Die Waren mussten drei Tage lang zu einem festgesetzten Preis den Freistädter Kaufleuten zum Kauf angeboten werden. Sie kauften und handelten die Waren weiter nach Norden und Süden. Reiche Einnahmen flossen aus dieser Handelstätigkeit nicht nur den Freistädtern, sondern auch dem Landesfürsten zu. Das mag der Grund gewesen sein, dass nach 1526, als Böhmen zumindest zeitweise an die Habsburger fiel und damit die Grenzstadt Freistadt weniger Bedeutung hatte, an die Stelle des Niederlagsrechtes das sogenannte Niederlagsgeld trat, das heißt, dass die Waren nicht mehr feilgeboten werden mussten, sondern dafür ein bestimmter Betrag erlegt werden konnte, wenn die Freistädter Bürger damit einverstanden waren. Nicht zu trennen von Stapelrecht ist der sogenannte Straßenzwang: Die Kaufleute dürfen nur ganz bestimmte Straßen benützen. Diese Straßen führten zu den landesfürstlichen Städten, den darin befindlichen Mautstellen und den mit Privilegien ausgestatteten Bürgern. Für die Freistädter waren das Stapelrecht und der Straßenzwang die Lebensgrundlage und die Quelle ihres Reichtums, und sie hüteten beide Rechte wie ihren Augapfel. Sie nahmen auch Streit und kämpferische Auseinandersetzungen mit ihren Nachbarorten in Kauf, mit Leonfelden, mit Pregarten, ja selbst mit Linz. Der Weg von Linz nach Böhmen ist über den Haselgraben und Leonfelden kürzer als über Freistadt. Die Auseinandersetzungen mit Leonfelden gewann Freistadt dank seiner Privilegien. Die Waren aus Niederösterreich durften nicht über Pregarten, sondern mussten auf dem Umweg über Freistadt nach Linz gebracht werden. Die langwierigen Streitigkeiten wurden durch den Landesfürsten immer zu Gungsten von Freistadt entschieden. 1510 gab die Stadt ein genaues Straßenverzeichnis heraus, damit sich die fremden Kaufleute nicht "verfahren", zugleich wurden die "Ueberreuter" als berittene Polizei zur Überwachung der Straßen und des Straßenzwanges eingesetzt.

Im Jahre 1363 erhielten die Freistädter von Herzog Rudolf IV. dem Stifter (1358-1365), der die Stadt wegen einer drohenden Auseinandersetzung mit Böhmen besonders förderte und auch das neue Schloss an der Nordost-Ecke der Stadt zur Verstärkung der Verteidigung errichten ließ, das Meilenrecht.

Dieses Recht besagt, dass innerhalb der sogenannten Bannmeile, die natürlich festgesetzt worden ist, nur die Bürger der Stadt Handel und Gewerbe ausüben und Bier erzeugen und ausschenken dürfen. Damit wird den Binnenhandel gegeben, und sie haben in der Folgezeit dieses Recht geschickt auszunützen verstanden und mit den Nachbarn weniger Streit gehabt als andere Städte.

Mit diesen Privilegien war die wirtschaftliche Grundlage der Stadt ausreichend gesichert, und sie brachten der Stadt und ihren Bürgern Reichtum und Ansehen. Haupthandelsartikel waren Eisen und Eisenwaren, wie Sensen, Sicheln, Messer, Pflugscharen, Draht, die aus dem Zentrum der österreichischen Eisenverarbeitungen aus Steyr, über Enns, Mauthausen, Pregarten nach Freistadt gebracht und von dort in alle Welt, bis hinein nach Polen und in die Ukraine gehandelt wurden. 1555/56 betrug der Eisenhandel der Stadt: 11.767 Center Eisensorten, 144.000 Stück Schrott, 5.500 böhmische Sensen, 11.600 polnische Sensen, 9.400 Sicheln, 3,5 Saum Pflugeisen, 17 Fäßl Messer, 1.900 Strohmesser, 1,5 Center Draht. Aber auch in Freistadt selbst wurden Eisenwaren erzeugt. An der Feldaist standen nicht nur Mühlen zum Vermahlen des Getreides (die Zaglaumühle, die Weyermühle oder Stadtmühle in Eglsee, die Aichhornsteinmühle im Graben), sondern auch 4 eisenbearbeitende Werke, sog. Eisenziehen oder Schleifen; die 1. Eisenziehe oder Prandtmühle (heute Grabenschmied/Etzelstofer), die 2. Eisenziehe, die später zur sog. Walk umgewandelt wurde, und die beiden Hammerwerke im Thurytal (der sog. 2. und 3. Hammer).

Wichtig war auch das Salz. Im 13. Jahrhundert wurde das Salz, es war das Ausseer oder das Admonter Salz, über Enns und Mauthausen nach Freistadt gebracht. Mit der Erneuerung des Salinenbetriebes im Kammergut (später Salzkammergut) durch Königin Elisabeth am Beginn des 14. Jahrhunderts wird das Kammergutsalz, das von Gmunden auf der Traun zur Donau (östlich von Linz) und nach Mauthausen und von da nach Freistadt transportiert wurde, für den Export bestimmend. Die Freistädter verstanden es, das Monopol des Salzhandels mit Böhmen sehr rasch an sich zu reißen. Sie gaben damit der aufstrebenden Stadt Linz das nachsehen und entfesselten einen heftigen Streit zwischen Linz und Freistadt 1380 und 1450. Seit Kaiser Maximilian I. (1493 bis 1519) wird der Salzhandel immer mehr zu einer Gewinn bringenden Domäne des Landesfürsten, die alte Burg von Freistadt wird zum Salzmagazin, zum Salzhof (so heißt das Gebäude heute noch). 1563 wird in Linz und Freistadt ein Salzkammeramt geschaffen, schließlich wird der Salzhandel Monopol des Fürsten und des Staates.

Zu den Waren des Freistädter Handelsleben, die eine große Rolle spielten, gehörte das Bier. Gebraut wurde das Brau- oder Rotbier, das als Jungbier oder als Märzenbier (es war stärker) ausgeschenkt wurde oder in den Handel kam. Das Recht, Bier zu brauen, hatte jeder Bürger, der ein Haus innerhalb der Stadtmauern besaß. Wieviel jeder Bürger brauen durfte, war durch den Schätzwert des Hauses und durch die städt. Einlage genau festgelegt. Der Magistrat regelte durch die "Brauordnung" regelmäßig das Brauen selbst und wachte mit Sorgfalt darüber, dass alle Vorschriften eingehalten wurden, dass niemand zu viel braute und dass auch gutes Bier gebraut wurde. Das Bierbrauen und der Verkauf des Bieres war eine der bedeutendsten Einnahmen der Bürger und der Stadt und diente auch bei älteren Bürgern, die ihre Gewerbe nicht mehr ausüben konnten als zusätzliche Einnahmequelle, um ihre finanzielle Lage zu verbessern. Jedes Jahr wurden auch etliche Eimer Bier als "Ehrengeschenke" an die Landesregierung und an die Hofkammer in Wien geschickt. 1525 gab es in der Stadt 12 Brauhäuser (bei rund 140 brauberechtigten Bürgern), 1637 gab es nur noch 5 und schließlich nur noch 2, nämlich das Braunbierbrauhaus hinter dem inneren Bad (zwischen Badgasse und Salzhof) und das städtische Weißbierbrauhaus (zwischen den heutigen Gasthöfen Jäger und Hirsch). Das städt. Weißbierbrauhaus war 1573 gegründet worden und erzeugte Bier in der Art des böhmischen Weißbieres, das sich im 16. Jahrhundert als starke und erfolgreiche Konkurrenz des heimischen Braunbieres immer mehr durchzusetzen begann. Im 18. Jahrhundert kam es beim Brauen des Braunbieres wegen seiner schlechten Qualität zu Unzufriedenheit innerhalb der Bürgerschaft. Sie schloss sich daher zu einer Kommune zusammen, erwarb die beiden bestehenden Brauhäuser und baute 1770-1780 ein neues Brauhaus, auf Wunsch des Magistrates außerhalb der Stadt. Diese damals gegründete Bräukommune, der Zusammenschluss von 149 Hausbesitzern der Innenstadt als Besitzer der Brauerei, besteht heute noch.

Weitere wichtige Handelsobjekte waren der Zwirn, der in Freistadt selbst erzeugt wurde, die Leinwand, die man von Wels holte, die sogenannten venetianischen Waren, die sich die Freistädter wie alle übrigen landesfürstlichen Städte in Venedig selbst besorgten.

Diese rege Handelstätigkeit und die damit verknüpfte Belebung anderer Wirtschaftszweige, vor allem das Handwerk (1557 gab es in Freistadt 59 Handelsbürger und 55 Handwerksbürger) brachte Reichtum und Wohlstand in die Stadt.

Besonderer Höhepunkt des Wirtschaftslebens war der große Jahrmarkt von Freistadt, der Paulimarkt, der seit 1465 stattfand, 14 Tage im Jänner/Februar dauerte und zu dem Kaufleute aus nah und fern kamen und ihm so den Charakter einer internartionalen Messe verliehen. So zeigt sich uns die Stadt im 15. und 16. Jahrhundert in voller Blüte und die Bürger in Wohlhabenheit und Reichtum.

2. Türme und Mauern schützen die Stadt und ihre Bürger:

Der Mensch sucht Sicherheit und Geborgenheit, nicht nur für sich und seine Familie, sondern auch für sein Hab und Gut. Dies galt natürlich auch für die Bewohner von Freistadt. Die Stadt war (wahrscheinlich) als Sperrsiegel gegen das ständige Vordringen der Bischöfe von Passau und als Bollwerk an der Grenze zu Böhmen errichtet worden, hatte daher – wie jede Stadt damals – eine militärisch-strategische Funktion und musste aus diesem Grunde über entsprechende Verteidigungsanlage verfügen. Die Stadt wurde aber auch, wie wir gesehen haben, eine reiche Handelsstadt, in der wertvolle und teure Güter gehandelt und aufbewahrt wurden und daher auch genügend gesichert werden mussten.

Mit der Gründung der Stadt begann auch die Sicherung der Stadt. Sie liegt günstig auf einem Felsplateau und wurde in der Gründerzeit wahrscheinlich auf der leichter zugänglichen West- und Nordseite von einem Erdwall geschützt. Aber noch im 13. Jahrhundert, wie aus der Bauweise der Grundmauern der beiden Stadttore geschlossen werden darf, wurden die Eingänge der Stadt durch Steinbauten gesichert:

Durch das Linzertor und das Böhmertor.

Die erste und grundlegende Sicherungsmaßnahme des 13. Jahrhunderts wurde dann durch den Ausbau der Stadtbefestigung im 14. Jahrhundert (1363 bis 1396) wesentlich verstärkt. Man baute die äußere Stadtgrabenmauer oder Mantelmauer, die nicht nur ein Zuwachsen des Stadtgrabens, sondern auch das Ausfließen des Wassers verhindert, der gewaltige, heute noch vollständig erhaltene Stadtgraben wurde ausgehoben, die äußere und innere Stadtmauer wurden errichtet, zwischen denen eingezwängt der Zwinger als freier Bewegungs- und Beobachtungsraum erhalten bleibt, und schließlich blieb noch hinter der inneren Stadtmauer, die den Wehrgang trug und deren erstaunliche Höhe von 5 bis 7m heute noch an einigen Stellen unverändert erhalten ist, die Reihe, ein freier Raum bis zu den ersten Häusern der Stadt.

Angelpunkt und zugleich Glanzstück der Verteidigungsanlagen waren die Türme. Als älteste Türme können wir die beiden Haupteingänge der Stadt, das Linzertor im Süden und das Böhmertor im Norden ansprechen. Beide Tore haben im Laufe der Zeit ihr Aussehen verändert. Um 1480 baute der Freistädter Baumeister Mathes Klayndl im Auftrag des Magistrates beide Tore im gotischen Stil um. Das Linzertor wurde im 18. Jahrhundert im Geschmack des Barock umgestaltet und gilt in seiner heutigen Gestalt mit dem steilen, hochauftragenden Giebeldach und dem Zwiebeltürmchen als das Wahrzeichen der Stadt. Um 1390 entstehen die halbrunden Türme, der massive Weyermühlturm in der Südost-Ecke der Stadt und der Petringerturm oder Turm im Winkel in der Mitte zwischen dem Heimatbundturm und der alten Burg im Westen der Stadt. Da von 1361 bis 1396 auch das neue Schloss der Habsburger mit dem herrlichen und unvergleichlichen Bergfrit in der Nordost-Ecke der Stadt gebaut wurde, konnten sich die Freistädter um 1400, nach dem Abschluss dieser großartigen Bautätigkeit, in ihrer Stadt sicher und geborgen fühlen. Als bald darauf um 1420/30 die Hussiten aus ihrer böhmischen Heimat in die Nachbarländer vorstießen, konnten sie der Stadt Freistadt nichts anhaben. Die Mauern waren zu stark. Wütend brannten sie die Vororte nieder und zogen ab. Freistadt hatte sich als Grenzfestung bewährt. Einige Mängel in den Befestigungsanlagen, wahrscheinlich beim Füllen des Stadtgrabens mit Wasser, dürften aber damals aufgefallen sein, denn unmittelbar nach den Hussiteneinfällen bauen die Freistädter zwei runde Türme noch dazu: 1444 den Scheiblingturm in der Nordwest-Ecke der Stadt, der zugleich den Zufluss des Wassers in den Stadtgraben sichern soll, und den Dechanthofturm, der östlich vom Linzertor die neu erbauten Staumauern im Stadtgraben sichern soll.

1522 schließlich erhielt das Rathaus auf seiner Südseite und direkt an der inneren Stadtmauer einen Turm, der keine Verteidigungsaufgabe mehr hatte, sondern von der Macht und dem Ansehen des Magistrates der Stadt künden sollte. Als das Rathaus 100 Jahre später verlegt wurde, diente er als Pulverturm. Erwähnt werden soll auch noch, dass zwischen dem späteren (2.) Rathaus und dem Weyermühlturm noch ein dritter Zugang zur Stadt war, das sogenannte Posttürl, das aber allem Anschein nach für die Durchfahrt von Wagen nicht geeignet war, mehr dem internen Verkehr diente und direkt von der Stadt ins Lederertal führte. Es ist 1885 abgebrannt und nicht wieder aufgebaut, sondern durch eine Stiegenanlage ersetzt worden. Im Jahre 1815 fielen der "Turm im Winkel" und der Turm der alten Burg einem Brand zum Opfer. Der Turm der alten Burg wurde nicht wieder in voller Höhe aufgebaut, der Turm im Winkel wurde 1835 abgebrochen und seine Steine zum Bau der Brücke über den Stadtgraben verwendet.

3. Die Selbstverwaltung der Stadt

Hand in Hand mit dem wirtschaftlichen Aufstieg und der Sicherung von Hab und Gut ging auch die politische Entwicklung der Stadt, die Entfaltung der Selbstverwaltung. 1286 tritt uns der erste Freistädter Stadtrichter entgegen (die geschlossene Reihenfolge ist erhalten bis 1789), 1354 wird der Rat und die Gesamtheit der Bürgerschaft in einer Urkunde erwähnt, 1370 die Geschworenen, 1388 begegnet und mit Jakob Megerlein der erste Bürgermeister der Stadt, ein Stadtschreiber lässt sich schon 1371 nachweisen. Einen guten Einblick in die Aufgaben und in die Tätigkeit dieser Verwaltungsorgane geben uns die Stadtordnung von 1440/47, 1534, 1598 (?) und 1635 sowie die Ratswahlordnung von 1541. Wie in allen anderen Städtern gab es den Inneren Rat, den eigentlichen Stadtrat, dessen 8 Mitglieder ursprünglich dem Stand der Handelsbürger angehörten, zweimal wöchentlich zusammentraten und unter dem Vorsitz des Bürgermeisters die Fragen der Stadt zu entscheiden hatten. Später kam dann der Äußere Rat als Vertretungsorgan der Gesamtbürgerschaft dazu. In ihm saßen die Handwerker die sich nach und nach dieses Recht, aber auch den Aufstieg zu höchsten Ämtern, erkämpft hatten. Ein Streit zwischen der Obrigkeit der Stadt und der Bürgerschaft im Jahre 1516/17 zeigt, dass manchmal gegensätzliche Auffassungen auch hart aufeinander prallenaufeinanderprallen konnten. Die wichtigsten, aber immer wieder Änderungen unterworfenen Stadtämter waren: das Stadtkammeramt, Ungeltamt, Spitalamt, Spentamt, Mautamt, St. Katharina-, St. Peterkirch- und Gottesleichenamt, eine zeitliche auch das Schulprovisoramt. Aus diesen Ämtern ist auch ersichtlich, dass die Stadt ihre sozialen Aufgaben ernst genommen hat. Für kranke, sieche und hilflose Bürger gab es das Siechenhaus, dann das Spital, das bis zum Einfall der Hussiten in unmittelbarer Nähe der Liebfrauenkirche stand, später aber zur Johanniskirche verlegt wurde. Ein Neubau von 1790 behielt bis 1938 als Bürgerspitalstiftung seine Funktion. Für Arme und bedürftige Bürger gab es das Spentamt und das Spenthaus in der Samtgasse. Eine soziale Betreuung im heutigen Sinn gab es natürlich nicht, dafür waren in dieser Zeit die in voller Blüte stehenden Großfamilien zuständig und verantwortlich.

4. Schulen, Kirchen und Stiftungwesen

Eine wichtige Angelegenheit war natürlich auch das Schulwesen. Es lag im Interesse der Kaufleute und Handwerker der Stadt, dass ihre Kinder Lesen, Schreiben und Rechnen konnten. Eine eigene Stadtschule wird es daher schon sehr früh gegeben haben. 1371 wird in einer Urkunde "der offenen Schreibermaister Nyclas zu der zeit schulmeister daselben" erwähnt, 1404 wird ein Haus als Schulhaus genannt. Es wird sich dabei um eine sogenannte deutsche Schule gehandelt haben, die von einem deutschen Schulmeister geleitet wurde und um 1617 im Mauthaus in der Salzgasse ihr Quartier erhielt. 1543 wird zum ersten mal eine Lateinschule erwähnt, die im Gebäude hinter der Pfarrkirche untergebracht war. Sie wurde immer mehr ein Hort protestantisch gesinnter Bürger und wurde schließlich nach einem Streit mit der Geistlichkeit – auch der Bischof von Passau und der Landeshauptmann schalteten sich ein – im Zuge der Gegenreformation in die Obhut der Pfarre gegeben. Der Lateinschulmeister war dann immer zugleich der Regens chori, also der für die Kirchenmusik Verantwortliche. Der letzte namentlich angeführte Lateinschulmeister war Gottlieb Ackermann (1696-1774).

Hervorzuheben ist auch die große Frömmlichkeit der Freistädter Bürger, die sich in einem umfangreichen Stiftungswesen zeigte. Kaum eine Stadt im Österreich hat ein derart reiches Stiftungswesen aufzuweisen. Diese Stifte und Benefizien, meistens in Form von Häusern und Höfen und deren Einkünften, sollten jenem Geistlichen (Benefiziaten), der die auf einem Altar gestiftete Messe zu lesen hatte, ein hinreichendes Einkommen sichern. Außer dem Michaelsstift in der Salzgasse Nr. 85 standen alle Stiftungen an der Südseite der Stadt zwischen der Pfarrkirche und dem Pfarrhof: Frühmess-, Leonhard-, Gottsleichnahm-, Dreikönig-, Apostel-, Margareten-, Barbara-, Johannis-, St. Peter- und Paul-, Thomas-, Hl. Kreuz-, Allerheiligen-, Leopold-, Georgs-, und das Priesterbruderschaftsstiftungshaus.

Neben diesen großzügigen Stiftungen für die Priester sorgten die Bürger aber auch für die Gotteshäuser der Stadt. Auch hier zeigten sich der Magistrat und die Bürgerschaft von ihrer besten Seite, und die Kirchen wurden daher auch entsprechend gebaut und ausgestattet.

Die Stadtpfarrkirche, eine romanische Basilika aus dem 13. Jahrhundert, wurde im 14. und 15. Jahrhundert gotisiert, erhielt ein 4. und 5., wenn auch verkürztes Seitenschiff und schließlich, ausgeführt vom Freistädter Steinmetzmeister Mathes Klayndl in der Zeit von 1485 – 1501 den herrlichen gotischen Ostchor mit 15m Höhe und einem kunstvoll verschlungenen Gewölbe.

Da die Kirche 1507 und 1516 bei den großen Stadtbränden ebenfalls abbrannte, ist von der reichen und kostbaren Ausstattung der Kirche mit über einem dutzend Altären nichts erhalten geblieben. Aber auch von den neuen Ausstattungen des 16. Jahrhunderts blieb uns nur der Nothelferaltar erhalten, weil in der folgenden Barockzeit diese Einrichtungsstücke nicht geschätzt und daher entfernt und durch barocke ersetzt wurden.

Besser ging es der Liebfrauenkirche vor dem Böhmertor, die als Spitalskirche diente. Sie brannte zwar 1361 ab und wurde 1422 von den Hussiten zerstört, aber die um 1440 – 1480 wieder aufgebaute Kirche blieb unversehrt erhalten und zeigt uns vor allem mit dem prachtvollen Ostchor ein Beispiel der hervorragenden Freistädter Gotik. Die in der Kirche entstehende Lichtsäule aus dem Jahre 1484, die früher im Friedhof stand, der rund um die Kirche lag, ist das kostbarste Stück der Freistädter Steinmetzkunst aus der Zeit der Gotik.

Auch die Kirche in St. Peter auf dem Berg wurde im 14. und 15. Jahrhundert großzügig im Stile der Gotik ausgebaut, und die romanische Johanniskirche im südlichen Vorfeld der Stadt (ca. 500m vom Zentrum entfernt) erhielt im ausgehenden 14. Jahrhundert einen gotischen Ostchor, der auch im Inneren mit Malereien ausgestattet wurde. Neben dieser Johanniskirche stand das Sondersiechenheim. Im 15. Jahrhundert wurde auch das Spital, das die Hussiten zerstört hatten, nicht mehr neben der Frauenkirche, sondern bei der Johanniskirche erbaut.

In der Stadt gab es noch eine Kapelle im Freihaus der Starhemberger am Hauptplatz (später Piaristenhaus), 1497 eingeweiht, und in der nach ihr benannten Hl.-Geist-Gasse eine Kapelle, die man später den Protestanten überließ.

Die neue Glaubenslehre der Reformation fand auch in Freistadt, begünstigt durch die weiten Handelsbeziehungen, rasch Eingang, zuerst in der Form der Wiedertäufer des Johannes Hut, dann in der Form, der Lehre Luthers. Erst das Eingreifen der "Reformations- Commission" am 7. Dezember 1597 unter der Leitung des Bischofs von Passau und des OÖ Landeshauptmannes beendete eine weitere Ausbreitung der Lehre in der Stadt, vor allem durch die Übergabe der Lateinschule, an der häufig protestantische Prediger und Rektoren angestellt wurden, an die Pfarre. Eine endgültige Entscheidung brachte in der religiösen Frage, die in der Freistädter Bürgerschaft zwei Parteien zur Folge hatte, das Jahr 1627, das nach dem Bauernkrieg und nach dem endgültigen Sieg des Kaisers Ferdinand II. über die Protestanten die Gegenreformation in aller Schärfe brachte. Wer von den Freistädter Bürgern nicht von der Lehre Luthers lassen wollte, musste oder "durfte" unter Zahlungen von 10% des Vermögens die Stadt verlassen. 76 Familien oder Einzelpersonen, unter ihnen viele angesehene, tüchtige und reiche Bürger, verließen die Stadt. Diesen schweren Substanzverlust hat die Stadt lange Zeit nicht verkraftet. Einen stärkeren Zuzug an Protestanten gab es in Freistadt erst wieder nach dem 2. Weltkrieg durch die Flüchtlinge, die hier eine neue Heimat fanden.

5. Krieg, Feuer und Pest

Auch Freistadt blieben Notzeiten nicht erspart. Die Hussiten konnten 1420/30 zwar die Stadt nicht erobern, brannten aber die Vorstädte nieder und schädigten durch ihre Maßnahmen die Handelsgeschäfte. Noch mehr litt die Stadt – Schicksal einer Grenzstadt – unter den häufigen Auseinandersetzungen der Habsburger mit Böhmen, besonders unter Friedrich III. 1470/80. Aber auch Erbstreitigkeiten der Habsburger untereinander wurden auf Kosten der Stadt und zu ihrem Leidwesen ausgetragen. Von großen Kampfhandlungen und damit verbundene Zerstörungen blieb die Stadt aber während ihrer ganzen Geschichte verschont.

Der gefürchteste Feind der mittelalterlichen Stadt, das Feuer, suchte dagegen Freistadt in diesem Zeitraum vor dem Dreißigjährigen Krieg zweimal heim, und zwar am 13. September 1507 und am 1. September 1516. Im Jahre 1507 brach das Feuer um drei Uhr nachmittags in der Hölle neben dem alten Pfarrhaus, griff rasch um sich und vernichtete die ganze Stadt bis auf das Schloss. 28 Menschen kamen im Feuer um. 1516 brach das Feuer in der Nähe des Salzhofes aus und äscherte die Stadt, die gerade im Aufbau war, noch einmal ein. Kaiser Maximilian gewährte Befreiung von den Steuern, verpflichtete die Freistädter auf "Insprukerisch" zu bauen, also die Dächer ihrer Häuser mit einer Mantelmauer (=Feuermauer) zu umgeben. Es ist die ein Charakteristikum, welches sich die Stadt bis heute bewahrt hat. Für die bessere Wasserversorgung wurden Röhrbrunnen angelegt, die das Wasser von den Bergen der Umgebung in die Stadt leiteten.

Die Pest und pestartigen Seuchen forderten 1541 und 1562 jeweils mehrere hundert Tote.

Dieser knappe Überblick zeigt uns Freistadt als eine Stadt, die ihr Auskommen hatte, in der sich sogar Reichtum angesammelt hatte und in der sich gut leben ließ. Das sollte sich ändern mit dem Dreißigjährigen Krieg und mit all dem, was er mit sich brachte.

 

III. Die Zeit von 1627 - 1918

1. Absolutismus und Merkantilismus ändern die alte Ordnung

Der 30-jährige Krieg (1618–1648) ist aus mehreren Gründen ein Wendepunkt in der Geschichte der Stadt. Da ist zuerst einmal der OÖ Bauernkrieg von 1626 zu erwähnen. Die aufständischen Bauern eroberten am 1. Juli 1626 nach längeren Belagerungen die Stadt. Es ist das einzige Mal, dass die Stadt, die stark befestigt war, erobert wurde, und es ist ziemlich sicher, dass die Sympathisanten in der Stadt den Bauern die Eroberung ermöglichten. Die Bauern plünderten die Stadt und besetzten das Schloss, das damals schon dem Grafen von Meggau gehörte, mussten aber nach der Niederlage gegen die kaiserlichen Truppen unter dem Oberst Breuner in der Schlacht bei Kerschbaum die Stadt im August 1626 wieder räumen. Die Wirtschaft und der blühende Handel waren aber stark angeschlagen und konnten sich, besonders durch die Fortdauer der kriegerischen Handlungen, auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht grundlegend erholen. Die Einkünfte der Stadt, die 1623 (trotz des schon begonnenen Krieges, trotz der Besetzung durch die Truppen der katholischen Liga und trotz der Verpfändung des ganzen Landes an Bayern) noch 38.985 Gulden betragen hatte, schrumpften 1626 auf 4.547 Gulden zusammen. Dazu kam noch die schon erwähnte Ausweisung der protestantischen Bürger 1627 und 1628, deren Abwanderung eine Verarmung der Stadt bedeutete. Auch die "Erneuerte Landesordnung für Böhmen" die Kaiser Ferdinand 1627 erließ, traf die Stadt, in diesem Falle die Grenzstadt. Durch Privilegien und durch seine Lage an der Grenze war Freistadt bedeutend und reich geworden. Naturgemäß musste der Abbau der Privilegien und beim Verlust des Grenzstadtcharakters die Stadt an Bedeutung und Reichtum verlieren! Böhmen wurde nun Erbland der Habsburger und in den folgenden fast 300 Jahren ein wichtiges und reiches Kronland der Monarchie. Das Niederlagsrecht der Stadt aus 1277 verlor rasch an Bedeutung und Wirksamkeit. Freistadt war als Grenzstadt weder aus wirtschaftlichen noch aus militärischen Gründen notwendig oder gar wichtig.

Mit dem Erfolg der Gegenreformation begründeten die Habsburger den Absolutismus in ihren Ländern: alle Macht und alles Recht gehen ab nun vom Herrscher aus. Die politische Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Städte, abgesichert durch Privilegien und Sonderrechte und durch "altes Herkommen", passte in diese neue Staatsauffassung nicht mehr hinein, und als schließlich als Wirtschaftsform des Absolutismus, der Merkantilismus, sich durchsetzte und der Herrscher mit seinen Ratgebern und Beamten auch die Wirtschaft zu lenken und zu beherrschen begann, konnte sich auch die Wirtschaft der Stadt als alleiniger Träger von Handel und Gewerbe nicht mehr durchsetzen.

Die alten Handelsrechte und Städte mussten nun großräumigen und großzügigen staatlich gelenkten Handelsinteressen weichen, den Zünften erstand eine spürbare Konkurrenz in den Manufakturbetrieben, und so kamen Kaufmannschaft und Handwerk und mit ihnen die Stadt in eine arge Bedrängnis.

Es ist daher kein Wunder, dass die Stadt Freistadt ihr alte Bedeutung nicht mehr erlangt hat und die Blütezeit des 14.-16. Jahrhunderts dahin war.

Die anderen landesfürstlichen Städte im Lande ob der Enns - Linz, Enns, Wels, Steyr, Gmunden, Vöcklabruck – überrundeten Freistadt jetzt sehr rasch, und Freistadt blieb von diesen 7 Städten die kleinste und unbedeutendste bis zum heutigen Tag.

 

2. Freistadt verliert die Selbstverwaltung, wird aber Bezirksstadt

Die städtische Selbstverwaltung, wie sie uns im späteren Mittelalter die jährlich durchgeführten Bürgermeister-, Richter-, und Ratswahlen und die Stadtordnung von 1440/47, 1525, 1534, 1553 und 1595 deutlich vor Augen geführt haben, endete mit dem Jahr 1600. Mit kurzen Unterbrechungen wird von diesem Jahr an der ständig wachsende Einfluss des Landesfürsten (Habsburg), vertreten durch den Landeshauptmann und die von diesem berufenen Wahlkommissäre, die als Prüf- und Kontrollorgane tätig waren, in der Stadt spürbar und zeigt deutlich den steigenden Einfluss des Absolutismus. Schließlich müssen der gewählte Bürgermeister, der Stadtrichter und die Ratsmitglieder, die ohnehin nur mit Zustimmung der vorgesetzten Behörden gewählt werden konnten, zur Eidesleistung nach Linz reisen, der Stadtrichter außerdem nach an den Hof in Wien, um dort "Acht und Bann" zu empfangen. Dieser Eid konnte erst nach Genehmigung der Wahl geleistet werden, bis dahin waren die gewählten Stadtvertreter nur "provisorio modo" im Amt. Das war alles kostenspielig und teuer für die Stadt. Es war daher ein Fortschritt, als man erreichte, dass die Gewählten wenigstens zwei Jahre im Amt bleiben durften. Einen kräftigen Schlussstrich unter diese Entwicklung der ständig fortschreitenden Entmachtung der Städte setzte schließlich Josef II. 1783 mit der Magistratsverfassung, die an die Stelle der alten Stadtratsverfassungen trat: der Magistrat, bestehend aus dem Bürgermeister und einer Anzahl von Räten, tritt und an die Stelle des Stadtrates und des Stadtrichters als bürgerliche Behörde. Der letzte Stadtrichter der Stadt trat 1789 zurück.

Unter Josef II. wurde Freistadt auch für mehrere Jahre der Hauptort des Kreises Mühlviertel = Mühlkreis. Das Kreisamt mit dem Kreishauptmann wurde im Stadthaus am Hauptplatz, dem heutigen Rathaus untergebracht.

Diese josefinische Magistratsverfassung blieb bis 1848/49 wirksam und wurde dann durch die neue Gemeindeordnung 1849 ersetzt, die in ihren Grundstrukturen bis heute gültig ist und den ersten Schritt zu einer demokratischeren Stadtverfassung bedeutete. Die seit 1849 gewählten Bürgermeister und Räte sind bereits Vertreter politischer Strömungen, z.B. der liberalen und der konservativen Richtung, und seit dem Entstehen politischer Parteien am Ende des 19. Jahrhunderts die Vertreter dieser Parteien. Dass bis zum heutigen Tag durchwegs die konservative Richtung, die christlich-soziale Partei und schließlich die österreichische Volkspartei die Mehrheit in der Stadt besaß und damit den Bürgermeister stellte, auch seit der Einführung des allgemeinen Wahlrechtes 1907, ist bemerkenswert und für die politische Haltung der Bevölkerung aufschlussreich.

Freistadt wurde aber auch nach der Revolution von 1848 Bezirksstadt, als man die Bezirke als neue Verwaltungseinheit festlegte. 1850 schenkte die Gemeinde dem kaiserlichen Aerar das Rathaus und das Ratsdienerhaus, damit dort das Bezirksgericht samt Grundbuch, die Bezirkshauptmannschaft und das Steueramt eingerichtet werden konnte. Damit beginnt die Entwicklung der Stadt als Verwaltungsstadt des Bezirkes, und immer mehr Bewohner sind Beamte. Der Magistrat übersiedelte 1850 in jenes Haus, das heute noch Rathaus ist.

 

3. Die wirtschaftliche Lage

Die wirtschaftliche Lage der Stadt nach dem 30-jährigen Krieg war nicht gut und verglichen mit den Einnahmen früherer Jahrhunderte sogar schlecht. Eine dauernde Verarmung der Bürger ist aber nicht eingetreten, und es gab auch jetzt für tüchtige und mutige Bürger reiche Einnahmequellen aus Handel und Gewerbe, wenn es auch nicht mehr so leicht war wie früher. Aus dem Verzeichnis der Bürgermeister und Stadtrichter und ihrer Vermögenswerte können wir die reichen Familien ersehen:

im 17./18. Jahrhundert: Albrecht, Schiefer, Nigrini, Mardetschläger, Gerab

im 19. Jahrhundert: Scharitzer, Thury, Schwarz, Obermayr.

Diese Namen sind nur von jenen Bürgern, sie sich politisch betätigten.

Die Lage der Stadt an einer wichtigen Handelsstraße blieb für diesen Zeitabschnitt der wichtigste Vorteil. Wenn wir die Menge auf der Stadtwaage gewogenen Waren als Maßstab nehmen, weil aus diesen Zahlen die Wirtschaftslage der Stadt objektiv gemessen und gewogen werden kann, so ergibt sich, dass 1728 mit 16.601 Zentnern die absolut höchste Menge gemessen wurde (1599 : 12.309, 1625 : 3.673).

Der Salzhandel nach Böhmen war nach wie vor in voller Blüte, und die Fuhrwerke aus Mauthausen nach Budweis und zurück mussten ihren Weg über Freistadt nehmen. Wenn wir die jährliche Salzmenge umlegen auf die damals zur Verfügung stehende Fuhrwagen, kommen wir bei vorsichtiger Schätzung auf einen täglichen Fuhrpark von rund 100 Pferdefuhrwerken in einer Richtung im Jahresdurchschnitt! Das Gastgewerbe erlebte daher eine Blütezeit, und in der Stadt gab es mehr als 20 Gasthäuser, die nicht nur Getränke ausschenkten, sondern auch Unterkunft und Verpflegung boten.

In diesem Zusammenhang muss auch das herausragende wirtschaftliche Ereignis des 18. Jahrhunderts betont werden: die Gründung der Braucommune in Form eines Zusammenschlusses der 149 Hausbesitzer der Stadt und die Errichtung des neuen Brauhauses vor den Toren der Stadt 1770–1780. Man könnte diese Gründung als die letzte große gemeinsame Tat der Bürgerschaft, der "Gmain" bezeichnen. Die Gmain brachte in die neue Communität das alte Braunbierbrauhaus ein, das sie 1737 gekauft hatte, der Magistrat das Weißbierbrauhaus, das seit 1583 bestand und 1770 an die Gmain verkauft worden war. Die reiche Erfahrung des Magistrats, führte dazu, dass in der Folgezeit der Bürgermeister mit dem Wirtschaftsrat und einem verantwortlichen Bräuverwalter die Commune leitete, bis 1835/37 die Lösung vom Magistrat und von Rathaus erfolgte und ein von den Brauinteressenten gewählter Vorstand, gemeinsam mit den Brauausschüssen und dem Rechnungsführer die Geschäftführung übernahm. In leicht gewandelter Form ist das bis heute so geblieben. Im Laufe der letzten 100 Jahre, besonders aber auch nach dem 2. Weltkrieg, stieg die Produktion der Brauerei ständig, und derzeit werden rund 50 Menschen beschäftigt.

Auch die eisenbearbeitenden Betriebe an der Feldaist arbeiteten weiter und fielen erst gegen Ende des 19. Jahrhunders dem allgemeinde Sterben der Hammerwerke zum Opfer. Die letzten Besitzer des 2. und 3. Hammer, die Brüder Thury, gaben dem Feldaisttal sogar den Namen Thurytal.

In verstärktem Ausmaß setzte in der Stadt die Zwirnerzeugung und der Zwirnhandel ein und brachte manchem Bürger Reichtum.

Ein bemerkenswertes Ereignis für die Wirtschaft der Stadt war die Errichtung der Pferdeeisenbahn Budweis – Linz, die 1832 als erste Schienenbahn des Kontinents ihren vollen Betrieb aufnahm. Freistadt erhielt keine eigene Station, sondern lag zwischen den Stationen Kerschbaum und Lest und hatte daher keinen direkten Anteil der Bahn. Wohl aber spürte die Stadt die Konkurrenz dieser Bahn, die immer mehr den Salztransport von Linz, wohin es von Gmunden zuerst auf der Traun, dann mit der weiteren Pferdeeisenbahn verfrachtet wurde, nach Budweis und den Transport von Getreide und Kohle von Budweis nach Linz an sich zog. Die ehemals durch die Stadt fahrenden Pferdefuhrwerke mit Salz und Getreide gehörten der Vergangenheit an und konnten durch nichts ersetzt werden. Als schließlich dann entlang der Pferdeeisenbahn die Dampfeisenbahn gebaut und 1873 eröffnet wurde, erhielt Freistadt einen Bahnhof. Dieser liegt zwei Kilometer von der Stadt entfernt, was sicherlich auf die geografischen Verhältnisse – Freistadt liegt in einem von Bergen umschlossenen Becken – nicht aber auf die Kurzsicht der Bürger zurückzuführen ist.

Für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt sind aber auch noch andere Ereignisse von Bedeutung: 1866 wurde die Sparkasse gegründet, 1890 wurde mit dem Bau der Hochquellen-Wasserleitung begonnen– 1908 erweitert, 1962 abgeschlossen mit der Anlage eines Tiefbrunnens – der den Wasserbedarf der Stadt sichergestellt. 1906 wurde ein Azetylen-Gaswerk errichtet, und die Regulierung der Feldaist dauerte mit Unterbrechungen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts.

Vielleicht sollte man auch noch erwähnen, dass man in all den Jahrzehnten die alten Befestigungsanlagen nicht verfallen ließ. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts legte man sogar rund um die Stadt entlang des Stadtgrabens eine Promenade an , die heute noch existiert, und sicherte damit den mittelalterlichen Kern der Stadt.

4. Schulen, Kunst und viel Kultur

Ein Blick auf die kulturelle Entwicklung der Stadt zeigt uns besonders im Schulwesen einige bedeutende Veränderungen, die freilich erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzen, als durch eine fromme Stiftung vom 2. Juli 1752 die drei Töchter des reichen Bürgermeisters Ferdinand Gottlieb Schiefer die Piaristen nach Freistadt beriefen. Die Piaristen begannen 1761 mit einer deutschen Schule, führten daneben aber auch eine Lateinschule, die wir als 1. Freistädter Gymnasium bezeichnen können, das allerdings wegen des Schülermangels 1787 geschlossen wurde. Die deutsche Schule der Stadt und die lateinische Schule wurden nunmehr zusammengelegt zur Normalschule. Die Piaristen besiedelten 1762 jenes Haus am Hauptplatz, das auch heute noch Piaristenhaus heißt, obwohl die Piaristen 1870 ihr Knabenschule schlossen und 1875 Freistadt endgültig verließen. Eine weitere Änderung im Freistädter Schulwesen trat ein, als mit der Stiftung am 29.06.1852 Frau Theresia Schwarz und ihre Tochter Franziska die Armen Schulschwestern unserer lieben Frau zur Führung einer Kinderbewahranstalt und einer "Industrieschule" nach Freistadt holten. 1853 kamen ersten drei Schwestern und gründeten und führten die gewünschten Einrichtungen. 1859 übernahmen sie den Unterricht der Mädchen der Stadt aus der Pfarrschule, bauten 1881/82 ein großes Schulgebäude und Kloster auf dem Grund des ehemaligen Friedhofes neben der Liebfrauenkirche und führten dort die Volks-, die Hauptschule und ein Internat. So lieb es mit verschiedenen internen Änderungen bis 1938.

Also die Piaristen wegen Personalmangels und wegen des Reichvolksschulgesetzes von 1869 ihren Schulbetrieb 1870 einstellten, wanderten die Buben in die öffentliche Volksschule, die hinter der Pfarrkirche im Gebäude der ehemaligen Lateinschule eine Heimstätte fand. Auch Mädchen, deren Eltern die Klosterschule ablehnten, besuchten diese Schule, die bis 1938 an Ort und Stelle blieb. Das Vermögen der Schieferschen Stiftung erhielten schließlich die Marianisten, die auf besonderen Wunsch der Bischofs Doppelbauer 1900 nach Freistadt kamen. Sie bauten auf dem Grundstück der Stiftung außerhalb der Stadt in den Jahren 1900-1908 ein mächtiges Schulgebäude und führten dort eine Volksschule, eine Hauptschule, eine Lehrerbildungsanstalt und ein Internat bis 1938.

1867 gelang es dem Bürgermeister Caspar Schwarz unter Ausnützung der Unterstufe eines Gymnasiums zu erhalten und schließlich 1871 die Genehmigung zur Führung einer Oberstufe. 1875 fanden in diesem Gymnasium, das im heutigen 2. und 3. Stock des Rathauses und in den Stockwerken über der Waage untergebracht war, die ersten Maturaprüfungen statt. Auf Drängen des Unterrichtsministers, der mit der räumlichen und sanitären Ausstattung des Gymnasiums ganz und gar nicht einverstanden war, wurde 1888–1890 ein Neubau vor dem Linzertor errichtet, der 1965 – 1968 durch einen Zubau erweitert wurde. Der Schülermangel, der bis 1938 mehrmals das Gymnasium bis an den Rand der Auflösung drängte, obwohl man durch Errichtung eines Studentenkonvikts 1898 auch auswärtige Schüler nach Freistadt holte, wurde nach dem 2. Weltkrieg durch die Zunahme an weiblichen Schülern (derzeit 50%) endgültig behoben.

Wenn Freistadt auch im Wesentlichen eine gotische Stadt ist, weil während der Zeit der Gotik auch die Blütezeit der Stadt gewesen ist, so ist nach dem 30-jährigem Krieg bis in das 19. Jahrhundert hinein der Stil des Barock, der über die Stadt sein buntes Tuch breitet und mit einer Fülle von Zierrat des Aussehen der Stadt bis zum heutigen Tag bestimmt.

Die Barockisierung der Stadtpfarrkirche beginnt mit dem neuen Hauptaltar 1640, wird fortgesetzt durch Meister Antonio Carlone aus Passau in der Zeit von 1670 – 1690 und wird schließlich abgeschlossen mit der Errichtung des prachtvollen Kirchturms 1736/37 durch Joh. Mich. Prunner. Diese Barockisierung erfasst nicht nur die Einrichtung (Altäre, Beichtstühle, Statuen, Orgel, Kommuniongitter, Sakristei), sondern auch den Bau der Kirche (Pfeiler, Fenster, Orgelempore) und ist so verändernd, dass von der gotischen Kirche nur noch die Gewölbe und Türeinfassungen blieben.

Die Liebfrauenkirche blieb in ihrem gotischen Bau fast unverändert, an Stelle des gotischen Altares setzte man allerdings 1640 den heute noch stehenden Dreikönigs- oder Weihnachtsaltar, der von denselben Künstlern geschaffen wurde wie der (nicht mehr bestehende) Hauptaltar der Stadtpfarrkirche: von dem Linzer Bildhauer Hans Hens und dem holl. Maler Adrian Bloemaert.

Auch die Kirche St. Peter erhielt drei barocke Altäre.

Zur gleichen Zeit bauten Dechant Stein den Pfarrhof zu einem mächtigen, schlossähnlichen Gebäude um (1690–1727), auf dem Hauptplatz wurde 1704 der barocke Marienbrunnen aufgestellt, der hl. Nepomuk steht seit 1723 vor dem Linzertor, der hl. Leonhard seit 1748 vor dem Böhmertor. Das gotische Linzertor erhielt ein barockes Zwiebeltürmchen mit Glocke, das Böhmertor einen Dachreiter. Auch die bürgerlichen Hausbesitzer konnten und wollten sich dieser Barockwelle, die damals nach dem Sieg der Gegenreformation und nach den Siegen über die Türken die ganze Donaumonarchie überflutete, nicht entziehen und begannen ihre Häuser vor allem an der Straßen(=Schau)seite an den neuen Stil anzupassen. Über 100 Häuser sind es, die heute noch eine Barockfassade tragen! Außerhalb der Stadtmauern entstanden als barocke Zweckbauten die Brauerei 1770–1780 und das neue Gebäude des Bürgerspitals 1790. An der alten Handelsstraße nach Linz stand auch das Kloster der Kapuziner, das der Gesetzgebung Josefs II. zum Opfers fiel und schließlich vom Grafen Kinsky erworben und in ein recht ansehnliches und schmuckes barockes Schloss umgewandelt wurde. 1898 hat die Gemeinde dann dieses Schloss nach verschiedenen Umbauten in den Studentenkonvikt umgewandelt, das dann bis 1938 bestand. Im 19. Jahrhundert erstreckte sich die Bautätigkeit der Stadt immer mehr auf den Bereich außerhalb der historischen Stadt und die dort liegenden Stadtteile: Linzer Vorstadt, Böhmer Vorstadt, Lederertal und Tanzwiese, Eglsee und Graben und die Froschau. Die mächtigen Schulbauten des Klosters neben der Liebfrauenkirche, das Marianum und das Gymnasium ragen heraus, wobei das Gymnasium im Stil der Renaissance als Beispiel für den Stil des Historismus anzusehen ist. Auch die Regotisierung der Stadtpfarrkirche 1877/78 – sie beschränkte sich auf das Presbyterium – und in der Liebfrauenkirche 1885 – 1890 sind eigentlich ich ihrem Grundanliegen dem Historismus verpflichtet. Ein Theater gab es in Freistadt schon im ausgehenden Mittelalter in der Form eines Saales im alten Rathaus. Im 19. Jahrhundert war dieser Theatersaal im Salzhof und später – vermutlich nach dem Ringtheaterbrand in Wien 1880 – im Gasthaus Kronberger in der Linzer Gasse, später Faltlhansl. In diesem Saal wurde auch noch nach dem 2. Weltkrieg Theater gespielt, doch wurde der Saal 1975 endgültig geschlossen. Die neue Volksschule neben dem Stifterplatz, die 1956 eröffnet wurde, erhielt eine Bühne, die 1981/82 vergrößert und dann mit der entsprechenden Beleuchtung ausgestattet wurde, sodass sie heute allen nicht zu hoch geschraubten Anforderungen entspricht.

1913 erhielt Freistadt auch ein Kino durch den für Foto und Film besonders interessierten Unternehmer Kaspar Obermayr.

Nach 1848 begann auch nach anfänglichen Zögern sich ein reges Vereinsleben zu entfalten: 1849 der Männergesangsverein, 1870 die Freiwillige Feuerwehr, 1887 der Turnverein. Daneben gab es noch den Eislaufverein, den Schwimmverein mit dem neuen Schwimmbad (1886), den Verschönerungsverein, einen Radfahrverein uva.

Sieht man die Zahl der Vereine als Beweis für ein reges Kulturleben, dann gab es und gibt es in Freistadt viel Kultur.

An Künstlerpersönlichkeiten aus dieser Zeit seien erwähnt:

Karl Kronberger, Kunstmaler 1841 – 1921

Edward Samhaber, Dichter 1846 – 1927

Anton Vergeiner, Musiker und Komponist 1859 – 1900

Josef Neuhofer, - " - 1818 – 1906

Franz Neuhofer, - " - 1880 – 1949

 

5. Kriege und Brände

Die außergewöhnlichen Ereignisse des 30-jährigen Krieges fanden für Freistadt zum Glück keine Fortsetzung. Die Türkengefahr drang nur in Hörberichte in die Stadt, die anderen Kriege verschonten Freistadt. Erst 1741 zog das Hagerische Kriegsvolk während des Österreichischen Erbfolgekrieges durch die Stadt und brachte etwas von der Unruhe des Krieges. Während des Siebenjährigen Krieges besuchte Kaiserin Maria Theresia die Stadt und erhielt einen Kriegszuschuss. Die unruhige Zeit der Napoleonische Kriege bescherte der Stadt französische Truppen als Besatzung und auf Durchzug in den Jahren 1805/06 und 1809. In der Nähe der Stadt kam es auch zu kleineren Gefechten und Überfällen.

Kaum war diese Gefahr gebannt, kam neues Unglück über einen Teil der Stadt. 1815 brach im Gasthof zur Sonne in der Waaggasse ein Brand aus, dem 50 Häuser im westlichen Teil der Stadt zum Opfer fielen. Der Turm im Winkel und der Turm des Altenhofes, die durch den Brand beschädigt wurden, wurden nicht mehr aufgebaut. An der Stelle des Turmes im Winkel wurde die Stadtmauer durchbrochen und eine Brücke über den Stadtgraben gebaut, auf der heute auch große Lastwagen und Omnibusse in die Stadt fahren können. Am 2. Mai 1880 brach im Schlosshof Freistadt, der von 1801 – 1924 als Kaserne diente, ein Brand aus, der rasch um sich griff und den nördlichen Teil der Stadt mit rund 40 Häusern einäscherte oder schwer beschädigte.

Der 1. Weltkrieg bringt schließlich nach Freistadt ein Kriegsgefangenenlager für Russen, in dem über 10.000 Männer untergebracht waren. Einige Baracken und Bäume aus dieser Zeit stehen heute noch.

 

IV. Die Zeit ab 1918

Aus Gründen der besseren Darstellung soll sie in drei Abschnitte gegliedert sein:

1. Die Zeit von 1918 bis 1938

Der neue Staat Tschechoslowakei ist 1918 gegründet und mit dem Friedensvertrag von St. Germain 1919 bestätigt. Zwischen diesem neuen Staat und der Republik Österreich gibt es eine Staatsgrenze. Freistadt wird wieder Grenzstadt. Freilich ist diese Grenze nicht sehr erwünscht, und sie unterscheidet sich auch von der Grenze im späteren Mittelalter. Der Grenzcharakter hat für Freistadt keine besondere wirtschaftliche Bedeutung.

Freistadt leidet so wie das ganze österreichische Vaterland zuerst an Hunger und Krankheit, dann an der Arbeitslosigkeit durch die Weltwirtschaftskrise und schließlich an den immer hitziger ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten der Anhänger der drei politischen Lager:

der Christlichsozialen, der Sozialdemokraten und der Nationalsozialisten. In Freistadt sind aber 1934 keine Schüsse gefallen!

Es fehlte nicht an Versuchen, die wirtschaftliche Lage verbessern, indem verschiedene Firmen gegründet wurden:

die Seilerei Anton Haberkorn, das Holzwerk des Dipl.Ing. Friedrich Moßböck, die Granitwerke Anton Zemann, des Bürgermeisters von 1926–1938 und 1946–1953. Auch die Stadtgemeinde bemühte sich um öffentliche Gelder und um Arbeitsschaffung: die Straßen der Innenstand wurden kanalisiert und gepflastert und damit die Staub- und Schlammplage beendet, 1937 wurde die Erzherzog Karl-Kaserne (heute Tillykaserne) gebaut, der Frauenteich wurde saniert und die Umfahrungsstraße Linzer Straße – Froschau angelegt und damit der zukünftige Schwerverkehr von der Stadt und ihren Stadttoren ferngehalten. Die Wohnbautätigkeit war gering, und der überwiegende Teil der rund 3000 Bewohner der Stadt lebte damals noch innerhalb der Stadtmauern.

Bei den Schulen gab es keine Veränderungen, und auch im kulturellen Bereich gab es wenig Aktivitäten, weil die Sorge um das tägliche Brot zu groß war. In der Jaunitz wurden zwei (politisch getrennte) Bäder errichtet und neben dem Bahnhofsteig der Fußballplatz des
SV Freistadt angelegt. Der Turnverein 1887 baute am Stieranger eine große Halle (Hindenburghalle), die erst nach 1975 weiter ausgebaut wurde.

 

2. Die Zeit von 1938 - 1945

Der Umsturz vom 12. März 1938 und die Machtergreifung durch Hitler und die NSDAP war für die Bereiche wirklich ein Umsturz, eine gewaltsame Lösung. Viele Männer, die damals noch, trotz eher fragwürdiger Entwicklung seit 1934, an den Bestand Österreichs geglaubt hatten und in der Heimwehr und in der Vaterländischen Front "gedient hatten, wurden verhaftet".

"Brave" Österreicher entpuppten sich nach dem 12. März plötzlich zum Schrecken ihrer bisherigen Mitarbeiter und Freunde als illegale Mitglieder der NSDAP. Ein politischer Umsturz dieses Ausmaßes bringt über eine Kleinstadt immer viel menschliches Leid!

Die privaten Schulen wurden am Schulschluss geschlossen und umgewandelt: in das Marianum kam die öffentliche Volksschule und Hauptschule für Buben und das neu gegründete NS-Schülerheim; in das Kloster kam die öffentliche Volksschule und Hauptschule für Mädchen; das Bundesgymnasium wurde umgewandelt zu einer Oberschule der Jungen, die aber auch von Mädchen besucht werden konnte; das Studentenkonvikt wurde zum NS-Schülerheim; das Gebäude wurde zum Kreishaus, das ist das Parteihaus der NSDAP und der Sitz des Kreisleiters, des höchsten politischen Funktionärs des Kreises Freistadt; das Bürgerspital wurde geschlossen und verkauft.

Nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde die Garnison vergrößert. Man brauchte ein Wehrmachts-Barackenlager auf dem Stieranger und schließlich noch ein zweites Barackenlager auf dem Friedhofberg. Über 1000 Soldaten waren in Freistadt stationiert. Nach Errichtung von drei Offiziershäusern und mehreren Unteroffiziershäusern und Häusern für ausgewanderte Südtiroler war die Bautätigkeit erschöpft. Der 2. Weltkrieg beanspruchte alle Kräfte und forderte ein hohes Blutopfer. Einige Freistädter Männer schlossen sich der österreichischen Widerstandsgruppe 05 an, wurden verraten, zum Tode verurteilt und am 2. Mai 1945 hingerichtet. Freistadt selbst blieb vom Krieg verschont! Es fiel keine Bombe, und mutige Männer verhinderten in den letzten Kriegstagen, dass um Freistadt gekämpft wurde. Am 8. Mai fuhren amerikanische Panzer in Freistadt ein.

 

3. Die Zeit seit 1945:

Die amerikanischen Truppen besetzten Freistadt, wurden aber bald von den Truppen der Sowjetunion abgelöst. Die erste Demarkationslinie war die Bahnlinie Linz – Summerau, ab 1. Juli 1945 besetzten die Russen aber das ganze Mühlviertel und blieben bis 1955. Im Winter 1945/46 gab es kaum ein Haus ohne einquartierten russischen Soldaten. Das Bundesgymnasium, das schon im Herbst 1944 den Unterricht einstellten musste, weil es ein Flüchtlingslager für Banat-Deutsche wurde, machten die Russen zu ihrem Lazarett. Auch das Kreishaus wurde ein Zentrum der Besatzungsmacht, bis schließlich das Haus Hagleitner am Hauptplatz zur russischen Kommandantur wurde.

Die zehn Jahre russische Besatzungszeit sind gekennzeichnet durch die Ungewissheit, die damals alle Bevölkerungskreise erfasste, die Ungewissheit – mit Blick auf die DDR – über die weitere Entwicklung. Es fehlte den Leuten der Mut zur Planung in die Zukunft, es fehlte der Wirtschaft die Investitionsbereitschaft.

Das änderte sich mit dem Staatsvertrag vom 5. Mai 1955 und mit dem Abzug der russischen Besatzungsmacht. Das Wirtschaftswunder erfasste nun auch Mühlviertel. Immer mehr Menschen zogen in die Stadt, und die Zahl der Einwohner stieg auf 6000. Die alten bestehenden Firmen erweiterten ihre Kapazität (Haberkorn, Moßböck, Brauerei, Molkerei), neue Firmen kamen dazu (Mäser, Klinger), viele Klein- und Mittelbetriebe wurden gegründet oder ausgebaut, die Baufirmen (Fürst, Putschögl) hatten alle Hände voll zu tun: mit einem Wort: es ging steil aufwärts! Rund um die Stadt setzte auf neuen Siedlungsgründen eine Wohnbautätigkeit ein wie nie zuvor in der Geschichte der Stadt. Straßenbau, Wasserleitung und Kanalisation folgten, und 1973 wurde die Kläranlage eröffnet.

Freistadt entwickelte sich immer deutlicher zur Schulstadt:

1945 wurden die beiden Privatschulen (Marianum und Kloster) wieder eröffnet. 1945 wurden auch die öffentliche Volksschule und Hauptschule weitergeführt; sie erhielten schließlich nach notdürftiger Unterbringung in den verschiedensten Gebäuden auf dem Gelände der ehemaligen Schießstätte neben der Burgermeisterallee einen endgültigen Standort. Das rasche Anwachsen der Stadtbevölkerung und die ständig zunehmende Schülerzahl zwangen dazu, einen eigenen Hauptschulbau zu errichten, dessen 24 Klassen 1972 bezogen werden konnten.

1964 gründete die Stadt eine Handelsschule, die 1968 ein neues Schulgebäude an der Westseite der Burgermeisterallee erhielt und 1971 mit einer Handelsakademie erweitert wurde.

Eine gewerbliche Berufsschule und eine Landwirtschaftsschule und schließlich eine Musikschule runden derzeit das reiche Angebot an Schulen in der Stadt ab.

Eine kulturelle Verpflichtung, zugleich aber auch eine Forderung des Fremdenverkehrs, war die Erhaltung des mittelalterlichen Bildes der Stadt. Bahnbrechend war die Fassadenaktion seit 1972 und schließlich die neue Bauordnung 1979. Die beiden Schlosshöfe und der Hauptplatz wurden gepflastert und neu gestaltet, die Beleuchtung umgestellt, Türme und Tore erneuert, Gehsteige gerichtet. Für kranke Menschen wurde 1947 im ehemaligen Studentenkonvikt und späteren Kreishaus ein Krankenhaus errichtet, für die Jugend das Schwimmbad erneuert und Sportanlagen geschaffen und schließlich das Hallenbad gebaut.

Dr. Othmar Rappersberger

im November 1984